Hotelbau neben St. Jakob

Kirche St. Jakob in Schondorf

Aktuell wird in Schondorf über einen Hotelbau neben der denkmalgeschützten Kirche St. Jakob diskutiert. Zu diesem Projekt nimmt der Schondorfer Kreis wie folgt Stellung.

Vorbemerkungen

Der Schondorfer Kreis begrüßt die Bemühungen des Gemeinderates um die Gestaltung einer „Neuen Mitte für Schondorf“ in dem – geografisch hierfür stimmigen – Ortsbereich zwischen Bahnhof und Rathaus. Schon aus geografischen Gründen lässt sich eine solche „Neue Mitte“ für die Gesamtgemeinde nur an dieser Stelle entwickeln. Unterschondorf hat mit den Seeanlagen, der St.Jakobskirche und dem Leibl-Platz seit langem seine eigenen natürlichen und kulturellen Schwerpunkte, die keiner zusätzlichen Überbetonung bedürfen. Auch der Schondorfer Kreis könnte sich jedoch einen kleinen, feinen Beherbergungsbetrieb an der Stelle der jetzigen Remise auf dem Jakobsbergerl vorstellen, der freilich auf keinen Fall die Dimensionen des bestehenden, ohnedies überdimensionierten und deshalb auch schon bei seiner Aufstellung heftig umstrittenen, rechtsgültigen Bebauungsplans überschreiten dürfte. Wir sind der Überzeugung, dass auch ein solches Juwel (das sehr viel geringere Investitionen erfordern und eine für Schondorf sehr viel passendere Klientel anziehen würde) wirtschaftlich betrieben werden könnte. Den Antragstellern freilich scheint eine solche Option nicht gewinnträchtig genug zu sein.

Wirtschaftlichkeitserwägungen eines Investors betreffen nun allerdings in erster Linie die Gewinnerwartung und damit das Privatwohl des Investors und (wenn überhaupt) nur am Rande das Gemeinwohl. Dafür zu sorgen, dass ein Hotelbau nicht zu einer „Bauruine“ (so der Investor bei der Vorstellung des Projekts) wird, hat er selbst durch eine genehmigungsfähige maßvolle Planung zu sorgen, nicht aber die Genehmigungsbehörden durch eine Überstrapazierung ihres rechtlichen Spielraumes. Anderes könnte höchstens gelten bei einem alle einer Genehmigung entgegenstehenden Gemeinwohlerwägungen überragenden Gemeinwohlinteresse an der Verwirklichung eines Projektes. Ein solches ist jedoch hier nicht erkennbar. Ein zusätzlicher Saal ist nicht wirklich nötig, da Schondorf schon mehrere Säle hat (Drexl-Saal, Forster-Saal, Landheim-Saal, Aula der Grundschule und der Realschule, Pfarrsaal, der gerade renoviert wird). Außerdem könnte künftig auch noch im Bahnhof selbst ein Saal hinzukommen. Ganz abgesehen davon, dass der Hotelsaal 200 Plätze fassen soll und damit auch im Hinblick auf die Parksituation unlösbare Probleme entstehen ließe (vgl. dazu Ziff. 2.), wäre er wohl auch weniger (oder nur gegen „gutes Geld“) ein „Saal für Schondorf“, sondern in erster Linie ein – wie von den Investoren geplant – Saal für Führungsseminare, Tagungen und ähnliche „Events“ (möglicherweise Hochzeits-Pakete samt Trauung in der Jakobskirche) – ein lukrativ vermarkteter „Zubringer“ für die Hotel-Auslastung also. Diese Annahme ist umso naheliegender, als es sich bei dem Hotel ja eher um eine tendenziell luxuriöse Unterkunft im höheren Preissegment handeln wird, da die Investoren in ihrer Vorlage von einer 3-4 Sterne-Kategorie für das Hotel ausgehen. Die Errichtung eines Hotels dieser Größenordnung ist aber ebenso wenig ein echtes Gemeinwohlziel, da es zumindest in der Vor- und Nachsaison die Vermietungschancen der anderen Vermieter am Ort nachhaltig mindern würde. Und dies umso mehr, als auch etliche Appartements mit Küchen eingeplant sind und Küchen generell beantragt werden, obwohl dies nach dem bestehenden Bebauungsplan nur für einen oder zwei Betriebsleiter erlaubt und darüberhinaus ausdrücklich untersagt wurde, um einer späteren Umwandlung einer etwaigen „Bauruine“ bzw. „Rentabilitätsruine“ in ein Appartmenthaus bzw. Ferienwohnungen von vorneherein auszuschließen, wie der Begründung des Bebauungsplans zu entnehmen ist. Sollte hier schon Vorsorge für ein dann umso lukrativeres Sicherheitsnetz getroffen worden sein? Im Hinblick auf den Küchen-Antrag drängt sich diese Frage leider auf. Wie immer es sich damit aber auch verhalten mag: Es besteht jedenfalls kein Gemeinwohlinteresse an diesem Projekt – und schon gar nicht in diesen Ausmaßen und an diesem für das Ortsbild heiklen Standort. Wohl aber stehen dem Projekt schwerwiegende Gemeinwohlinteressen entgegen, die in der Folge benannt werden sollen:

Massive Verstöße gegen den bestehen Bebauungsplan

Das Projekt weicht in vielen Punkten massiv vom Bebauungsplan ab:
Statt einem Obergeschoss sollen nun zwei Obergeschosse sowie ein voll ausgebautes Dachgeschoss errichtet werden, statt ca. 310 m² sollen nun 482 m² Grundfläche überbaut werden (Erhöhung ca. 55%), statt einer erlaubten Kubatur
von 2.710 m³ sollen es nun 5.980 m³ werden (Erhöhung 121%). Statt dem einen sollen nun zwei Untergeschosse (neben dem Garagengeschoss noch ein Geschoss für Technik-, Fitness- und Wellnessräume) gebaut werden. Statt – wie im Bebauungsplan vorgesehen – ca. 15 m sollen diese Untergeschosse nur noch max. 5 m Abstand zu den Fundamenten des romanischen Baudenkmals St. Jakob haben, was möglicherweise zu einer Gefährdung der Stabilität des Baudenkmals führen könnte. Statt einer erlaubten Wandhöhe von 11 m sind nun ca. 14,75 m (gemessen vom Nullpunkt an der Südwestecke der St. Jakobskirche) vorgesehen. Die untere Bahnhofstraße würde der Südgiebel um ca. 18 m überragen (!!!), was die Frage der Erreichbarkeit der Dachgeschoss-Räume durch die Feuerwehr nachdrücklich aufwirft. Ein Problem dies, das sich auch durch eine – für das Jakobsbergl-Ensemble stilistisch unpassende – Abwalmung des Südgiebels (die für den Nordgiebel auch vorgesehen ist!) nicht beheben ließe. Im Übrigen würde ein – wohl zumeist offenstehender – Tiefgaragen-Rachen die Besucher der Seeanlagen und des Dampferstegs begrüßen, was zu einer zusätzlichen optischen und faktischen Beunruhigung und Verhässlichung dieses ganzen Ensembles beitragen würde.

Am schwerwiegendsten freilich ist die Tatsache, dass bei Verwirklichung dieses Vorhabens das ortsbildprägende altehrwürdige Baudenkmal St. Jakob völlig umzingelt und eingeengt würde, wie ein Blick auf die Planunterlagen zeigt. In seiner würdigen Monumentalität würde es nicht nur relativiert und banalisiert, sondern auch optisch privatisiert. Die Kirche würde faktisch zum kulturellen Anhängsel eines privaten Investments. Aus der Sicht des Schondorfer Kreises ist es schon aus diesen Gründen nicht nur eine Rechtspflicht, sondern auch ein Akt kultureller lokaler und regionaler Selbstachtung, diesem Ansinnen entschieden zu widerstehen. Schließlich handelt es sich bei diesem Ensemble um das kulturelle Herzstück Unterschondorfs und um eine Ikone des Ammersee-Westufers, die im sozio-kulturellen Sinne allen Schondorfern und allen Besuchern Schondorfs gehört und nicht nur den Grundeigentümern. Ein Investor, der einen solchen Grund erwirbt und bewirtschaftet, muss sich der daraus erwachsenden Verantwortung nicht nur rhetorisch, sondern auch durch sein Planen und Handeln würdig erweisen.

Drohender Verkehrsinfarkt während der Bauzeit und danach

Da bei Verwirklichung dieses Projekts ein Großteil des St. Jakobsbergerls abgetragen werden müsste, wäre Unterschondorf schon während der langen Bauzeit vom Verkehrsinfarkt bedroht. Mit einer langen Bauzeit ist schon deshalb zu rechnen, weil es sich hier um historischen Grund handelt, auf dem sich mit hoher Wahrscheinlichkeit neben der Kirche ein mittelalterlicher Sitz der einstigen Herren von Schondorf befand, wofür u.a. ein Bericht von Max von Perfall spricht, nach dessen Mutmaßung ein von seinem Vater entdeckter Kriechgang zu einem unterirdischen Gewölbe führt. Der Bericht Max von Perfalls aus dem Jahre 1848 liegt dem Schondorfer Kreis vor. Zu denken gibt in diesem Zusammenhang, dass die Seepost nicht unterkellert ist, was für einen Gasthof ungewöhnlich war. Wie immer dem aber auch sei: man wird mit vom Landesamt für Denkmalpflege überwachten Grabungen rechnen müssen, die die Bauzeit zumindest erheblich verlängern werden – und damit auch die Verkehrsmisere für Schondorf während dieser Zeit. Da solche Grabungen nach Auskunft des Landesamtes den Investoren in Rechnung gestellt werden, dürften dadurch nicht nur deren Finanzen, sondern auch die Nerven der Schondorfer erheblich belastet werden. Auch dann aber, wenn grünes Licht gegeben würde, müssten riesige Aushubmengen wegtransportiert und später zum Teil zurückgebracht werden, da auf dem Hügel (außer im Bereich des Biergartens, der angeblich erhalten werden soll) keine ausreichenden Lagerflächen zur Verfügung stehen. Baukräne, Transportlaster, Baufahrzeuge und Fahrzeuge der am Bau Beschäftigten würden auf unbestimmte Zeit die gesamte Bahnhofstraße und die Seestraße zu einer Verkehrshölle werden lassen und damit sowohl die Bewohner als auch die Besucher Schondorfs schwer beeinträchtigen. Nach der Fertigstellung des Hotels würde sich die ohnedies „verfahrene“ Verkehrssituation an der Seeanlage und der Seestraße noch erheblich verschlimmern, da ja – von dem nach Betriebsaufnahme zu erwartenden, zusätzlichen fließenden Verkehr abgesehen – keinerlei Fahrzeuge der Hotelgäste und der im Hotel Beschäftigten in der Tiefgarage untergebracht werden könnten. In dem künftig wegfallenden Bereich zwischen der Kirche und der jetzigen Remise und dem Gasthof und der Kirche befinden sich jedoch 16 markierte Parkplätze. Hinzu kommt ein künftig wegfallender Parkplatz an der Nordseite der Remise. Mit anderen Worten: Rechnerisch würde es nicht etwa 17 zusätzliche Plätze in der Tiefgarage geben, sondern keinen einzigen mehr, da exakt 17 Plätze wegfallen!!! Wo also bleiben die Parkplätze für die 32 Zimmer und den Saal mit 200 Plätzen??? Außerdem soll auch die Seepost selbst durch das sog. Brunnenzimmer (das morgens als Frühstückszimmer dienen soll, mittags und abends aber die Gasträume erweitert!!) und eine Dachterrasse erweitert werden, was zusätzlichen Verkehrs- und Parkbedarf bedeutet. Diese bislang zwischen Kirche, Gasthof und Remise befindlichen Parkplätze werden übrigens gegenwärtig von der Seepost als „reserviert“ bezeichnet, obwohl sie laut Bebauungsplan ausdrücklich auch für Kirchenbesucher und andere Nutzer vorgesehen sind!!! Die Reservierungsschilder stehen pikanterweise auch noch auf dem der Kirche gehörenden schmalen Grasstreifen entlang der Nordwestfront von St. Jakob! Auch wenn diese Parkplätze jetzt zu Unrecht allein für die Seepost in Beschlag genommen werden, bieten sie jedenfalls faktisch Seepost-Besuchern Parkraum – Parkraum, der danach wegfallen soll.

Wie ein schlechter Scherz liest sich angesichts dieser Situation Ziff. 5.6. des rechtsgültigen Bebauungsplanes, wo es heißt: „Nicht zuletzt erfährt das Schondorfer Ortsbild eine Aufwertung durch die Verlagerung des ruhenden Verkehrs auf die unterirdische Ebene.“ Nochmals: Kein einziger Parkplatz mehr als heute, aber ein Hotel mit 32 Zimmern und mit 200 Saalplätzen!!!

Das diese Situation nicht tragbar und hinnehmbar wäre, dürfte unabweisbar sein. Schon heute ist die Verkehrs- und Parksituation in der gesamten Bahnhofstraße selbst im Winter zuweilen prekär. Insbesondere gilt dies für die Untere Bahnhofstraße und entlang der Seestraße im Sommer, in den Ferienzeiten und an den Wochenenden. Würde dieses Mammutprojekt verwirklicht werden, würde es im Sommer und in Ferienzeiten zu einer weitestgehenden Verstopfung dieses Bereichs und zu einer dauerhaft zugeparkten Seestraße entlang der Seeanlage sowie auf Parkplatz-Suche befindlichen Zusatzverkehr kommen, der nicht nur die am See Erholung Suchenden, sondern vor allem auch die Bewohner dieses Ortsbereiches schwer belasten würde. Zu denken ist ja – neben den schon immer die Seeanlage Aufsuchenden – nicht nur an die künftigen Hotelgäste, die Hotelangestellten sowie den Zulieferer- und Entsorgungsverkehr, sondern auch an all Jene, die in irgendwelcher Weise in Geschäftsbeziehungen zu dem Hotel stehen oder dortige Gäste treffen wollen. Nicht vergessen werden sollten auch die – zumindest gelegentlichen – Besucher von Gottesdiensten in der Jakobskirche sowie die kunstgeschichtlich interessierten Besucher. Wo sollen diese parken, soweit sie nicht gut zu Fuß sind? Auch die „alte“ Seepost selbst, hat ihren Kundenstamm. Wo soll der dann parken – von den drei anderen Gaststätten in der Seestraße und den diversen Arztpraxen ganz zu schweigen?

Wer diesem oder einem ähnlichen Projekt zustimmen würde, würde sich für die mit Sicherheit zu erwartende künftige Verkehrsmisere am Schondorfer Seeufer mitverantwortlich machen. Mittel- bis langfristig könnte die Gemeinde dann gezwungen sein, den ganzen Bereich der Unteren Bahnhofstraße und der Seestraße entlang der Seeanlagen zur Fußgängerzone zu erklären, um die Lebensqualität Unterschondorfs nicht völlig verkommen zu lassen. Vor welche fast unlösbare Aufgabe dies Schondorf stellen würde, dürfte jedem Vorausdenkenden klar sein. Ein in Gemeindeeigentum stehendes Gelände, auf dem ein Groß-Parkplatz, ein Parkhaus oder eine gemeindliche Tiefgarage errichtet werden könnte, die den zum See fließenden Verkehr aufnehmen könnte, ist nirgendwo in Sicht. Attraktivität neigt leider zur Selbstaufhebung – eine schmerzliche Weisheit, die auch dem Schondorfer Gemeinderat eine schwere Verantwortung aufbürdet.

Fazit

Da keine wichtigen Gemeinwohlziele für, jedoch zahlreiche Gemeinwohlaspekte gegen eine Änderung des Bebauungsplans im Sinne der Investoren sprechen, wenden wir uns mit Entschiedenheit gegen eine solche. Würde der Gemeinderat dieser Änderung zustimmen, würde er sich erpressbar machen und seiner Planungshoheit begeben. Unter Berufung auf die sonstige Nichtfinanzierbarkeit seines Bauvorhabens und das Gleichbehandlungsgebot könnte dann jeder Bauwerber eine Änderung des für ihn zuständigen Bebauungsplans verlangen!

Mit derselben Entschiedenheit müssten wir uns aber auch gegen die etwaige Neuaufstellung eines Bebauungsplans in nur leicht reduzierter Größenordnung wenden, falls der Gemeinderat den gegenwärtigen aufheben sollte. Jede Planung in dieser oder ähnlicher Größenordnung an dieser für das Ortsbild so zentral wichtigen Stelle wäre eine fatale „Operation am offenen Herzen“ Unterschondorfs. Und dafür müsste uns unsere Heimatgemeinde zu schade sein.

Nachbemerkung:

Seit seiner Begründung in den Jahren 1977/8 bemüht sich der gemeinnützige Schondorfer Kreis um eine stete Aufwertung des Schondorfer Ortsbildes. Seine Bedenken geäußert hat er stets nur – wie in diesem Fall – wenn es um Planungen und Entwicklungen ging, die diesem Gemeinwohlziel zuwiderliefen. Und so begrüßt er auch nach wie vor jede die Würde des großartigen Baudenkmals St. Jakob respektierende, sich ihm in den Proportionen unterordnende Maßnahme zur besseren Gestaltung und Belebung des Jakobsbergerls – eine Haltung, in der er sich mit dem Gemeinderat im Einklang zu sein hofft.

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