Buchvorstellung Adami Tullu

Prof. Mayer-Tasch über seinen Großonkel Herrmann Goetz, der als junger Mann nach Äthiopien auswanderte

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Lesung Veranstaltung

Am 18. Oktober stellte unser Mitglied Prof. Peter Cornelius Mayer-Tasch im Schondorfer Dorfhaus das Buch „Adami Tullu“ vor. Es sind die Lebenserinnerungen von Hermann Goetz (1878-1970), der als junger Mann nach Äthiopien auswanderte, und dort rund 70 Jahre lang lebte. Dieser Goetz war der Großonkel von Prof. Mayer-Tasch, der die Memoiren nun zusammen mit seiner Tochter Marina als Buch veröffentlicht hat.

Aus Deutschland nach Äthiopien

Um der konservativen Enge des wilhelminischen Kaiserreichs zu entfliehen, wanderte Hermann Goetz 1902 zusammen mit einem Geschäftspartner nach Afrika aus, um dort sein Glück zu machen. Nach monatelanger, abenteuerlicher Reise erreichten die beiden Abessinien, das heutige Äthiopien.

Der Deutsch-Äthiopier Hermann Goetz
Hermann Goetz

Der umtriebige Goetz machte bald die Bekanntschaft des reformorientierten Herrschers, Kaiser Menelik II. Der war von dem jungen Deutschen offensichtlich angetan. Er stellte ihm ein Grundstück am Ufer des Zway Sees zur Verfügung, auf dem Goetz die burgartige Farm Adami Tullu errichtete. Diese entwickelte sich zu einem Anziehungspunkt für Einheimische ebenso wie für Auswanderer und Weltenbummler aus allen Ländern.

Die von Hermann Goetz erbaute Farm Adami Tullu in Abessinien
Die Farm Adami Tullu

Goetz verlor das Anwesen im Zuge des italienischen Abessinienfeldzugs. Nachdem der Kaiser vor den Invasoren ins Exil flüchten musste, flammten die Rivalitäten unter den verschiedenen Volksgruppen auf. Dummerweise stand die Farm auf Land, das die Amharen von den Omoro erobert hatten. Letztere nutzten die die Wirren der Kriegszeit, um dieses Land wieder zu besetzen, und im Zuge der Kämpfe wurde Adami Tullu niedergebrannt. Goetz musste auf eine Insel im Zway See fliehen.

Nach der Vertreibung der italienischen Besatzungsmacht erhielt Goetz sein Land zurück. Er richtete die Farm in einem verlassenen Verwaltungsgebäude am Fuß des Kakteenhügels neu ein, und lebte und arbeitete dort bis an sein Lebensende. 

Ein liebevoller Blick auf Äthiopien

Prof. Mayer-Tasch bei der Präsentation seines Buches "Adami Tullu" im Dorfhaus Schondorf am Ammersee
Prof. Mayer-Tasch liest aus „Adami Tullu“

Prof. Mayer-Tasch erzählte bei der Präsentation im Dorfhaus nicht einfach die Geschichte aus dem Buch. In seiner charakteristischen Art würzte er den Vortrag mit Fakten zur Kolonialzeit, persönlichen Anekdoten und Hintergründen zum Herrschafts- und Gesellschaftssystem. Zusammen mit einigen historischen Fotografien aus dem Buch entstand ein lebendiges Bild der äthiopischen Gesellschaft auf dem Weg in die Moderne.

Dabei hat „Adami Tullu“ nie die hochnäsige Perspektive des weißen Mannes, der sich der indigenen Bevölkerung überlegen fühlt. Im Gegenteil, Hermann Goetz schätzte die Menschen seiner Wahlheimat, deren Sitten und Gebräuche er aufmerksam dokumentierte.

Fremd blieb dem Immigranten aber sein Leben lang die unterwürfige Katzbuckelei am Kaiserhof. Prof. Mayer-Tasch erzählte dazu eine bezeichnende Anekdote. Bei der Eröffnung eines Krankenhauses begegnete Kaiser Menelik II. zufällig Goetz, den er bereits kannte. Die beiden begrüßten sich respektvoll per Handschlag, und plauderten dann einige Minuten über anstehende Projekte. Für uns eine harmlose Szene, aber für den begleitenden Hofstaat damals ein Skandal. Zu jener Zeit war es nämlich noch üblich, dass sich die Leute bäuchlings zu Boden warfen, wenn der Kaiser vorbeischritt.

Ein Ferengi wird zum Äthiopier

Adami Tullu – Die Erinnerungen des Deutsch-Äthiopiers Hermann Goetz

Goetz war ein Mensch ohne Rassen- und Standesdünkel, der sein langes Leben in friedlicher Koexistenz und Freundschaft mit dem äthiopischen Volk verbrachte.

So sieht das auch der deutsch-äthiopische Erfolgsautor Asfa-Wossen Asserate („Manieren“), der für „Adami Tullu“ ein Geleitwort geschrieben hat.

Er hat den Auswanderer als kleiner Junge kennengelernt und nennt ihn immer noch liebevoll Opa Goetz: „Opa Goetz war nicht der Urtyp eines Kolonialherren, sondern sowohl ein deutscher Patriot, der niemals seine Wurzeln vergessen hat, der gleichzeitig aber auch seine neue Heimat Äthiopien liebte und als ein Ferengi (Ausländer) zum Äthiopier wurde.“

Adami Tullu

herausgegeben von Peter Cornelius und Marina Mayer-Tasch
460 Seiten
€ 39,99
ISBN-10: 3658325984